Juni 24, 2015

Die Monsanto Years-Feindesliste, Folge 4: Monsanto

Neil Young und Monsanto
Neil Young nennt auf seinem Album "The Monsanto Years" die konservativen Lobbyisten von "Citizen United", die Handelskonzerne Walmart und Safeway, die Kaffeehauskette Starbucks und den Energieriesen Chevron beim Namen. Klare Nummer Eins auf seiner "Feindesliste" ist aber eindeutig Monsanto. Schließlich hat er das ganze Album nach dem Agrarkonzern benannt, den er in den diversen Songs des Albums ein paar Dutzend Mal erwähnt.

Für Neil Young ist Monsanto nach eigener Darstellung ein Paradebeispiel für so ziemlich alles, was derzeit schief läuft. Und das ist für den Musiker in erster Linie eine geradezu unheilige Beziehung zwischen der von Monsanto vorangetriebenen industriellen Landwirtschaft und der Politik. Opfer dieser Entwicklung sind für Neil Young die Gesundheit, die Umwelt, die Demokratie, wir alle.

Monsanto, für den fast 70-jährigen Rockmusiker die Ursache all des Übels, wurde im Jahre 1901 gegründet und hat seit 1927 seinen Firmensitz in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri. Der Firmenname leitet sich vom Familiennamen der Ehefrau des Firmengründers John Francis Queeny ab. Anfangs produzierte Monsanto den Süßstoff Saccharin für den amerikanischen Markt. Später erweiterten Koffein und Vanillin die Produktpalette des Unternehmens, das während des zweiten Weltkriegs begann, das Insektenvernichtungsmittel DDT und die später als krebsauslösend verbotene Chlorverbindung PCB zu produzieren. [Weitere Infos zu Monsanto ...]

Monsantos Firmenzentrale
Monsantos Firmenzentrale
Die heute dominierende Landwirtschaftssparte des Unternehmens kam erst in den 1960er Jahren mit der Produktion von Dünge- und Pflanzenschutzmittel in das Portfolio von Monsanto. Weniger bekannt ist, dass Monsanto auch an der Entwicklung der LED-Leuchte beteiligt war und in den 1970er Jahren die damals noch ausschließlich roten LEDs für Taschenrechner und Digitaluhren herstellte.

Heute hat sich Monsanto auf Agrar- und Biotechnologie spezialisiert und erwirtschaftet damit einen jährlichen Umsatz von 11,7 Milliarden Euro. Zu den Hauptwettbewerbern des amerikanischen Konzerns gehören die ebenfalls amerikanischen Konzerne Dow und Pioneer sowie die deutschen Unternehmen Bayer AG und BASF. Im Bereich des patentrechtlich geschützten, genetisch veränderten Saatgutes hat Monsanto als Marktführer einen weltweiten Marktanteil von 72 Prozent.

Monsanto war bereits in den 1960er Jahren einmal in die Kritik geraten. Das Unternehmen gehörte neben Dow und Bayer zu den Herstellern des Entlaubungsmittels "Agent Orange", das die US-Militärs im Vietnamkrieg zur Entlaubung von Wäldern und zum Zerstören von Nutzpflanzen einsetzten. Das beigemischte Seveso-Gift TCDD führte zur Erkrankung Hunderttausender Zivilisten und amerikanischer Soldaten.

RoundUp und patentiertes Saatgut


Monsanto vertreibt unter dem Markennamen RoundUp eine ganze Palette von sogenannten Breitbandherbiziden für die Verwendung in der Landwirtschaft und für den privaten Gebrauch. RoundUp verwendet den Wirkstoff Glyphosat, der in den Pflanzen die Synthese von Aminosäuren hemmt. Haupteinsatzgebiet ist die Bekämpfung von Unkraut und konkurrierenden Pflanzen. Da RoundUp nur auf die grünen Pflanzenteile wirkt, nicht aber auf die Wurzeln, kann Aussaat und Unkrautbekämpfung gleichzeitig erfolgen.

Monsanto hat in seinen Labors zudem eine Reihe gentechnisch veränderter Nutzpflanzen entwickelt, deren Saatgut gegen RoundUp resistent ist. Durch die Kombination von Breitbandherbiziden und dagegen resistentem Saatgut entfällt unter anderem das Unterpflügen von Unkraut, wodurch auch auf leichten Böden intensive Landwirtschaft möglich wird.

Die  Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO hat RoundUp 2015 in einer Studie zu Glyphosaten als krebserregend eingestuft. Wegen der karzinogenen Wirkung auf Ratten und Mäuse, so das Ergebnis der Studie, sei eine krebserregende Wirkung auf Menschen als wahrscheinlich anzunehmen. Die schädigende Wirkung wird, Kritikern zufolge, durch die beigemischten Netzmittel noch verstärkt, die zellschädigende Wirkung hätten.

Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kam 2014 in einer Studie für die EU zunächst zu einem anderen Ergebnis: „Man habe keine Hinweise auf krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung durch Glyphosat“ gefunden. Nach Veröffentlichung der WHO-Studie rückte das BfR davon wieder ab und forderte, die IARC-Studie im Verfahren zu berücksichtigen.

Einige EU-Staaten haben aber inzwischen schon reagiert und die Verwendung von RoundUp stark eingeschränkt. So gilt zum Beispiel in den Niederlanden seit Anfang 2015 ein Verkaufsverbot an Privatverbraucher für alle Glyphosat-Präparate. Auch Frankreich will noch in diesem Jahr den Verkauf von Glyphosat an Privatanwender verbieten. In Deutschland hatte im Mai die Konferenz der Agrarminister der Bundesländer ein bundesweites Verbot von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat für den Privatbereich gefordert. In der Folge haben bereits zahlreiche Baumarktketten die Präparate aus dem Angebot genommen. Eine bundesgesetzliche Regelung steht aber noch aus.

Das in RoundUp enthaltene Glyphosat steht neuerdings auch im Verdacht, mit Autismus bei Kindern in Verbindung zu stehen. Eine Wissenschaftlerin des Massachusetts Institute of Technology (MIT) hatte in einer Studie seit 1990 eine Korrelation zwischen dem Anstieg von Pflanzenschutzmitteln wie RoundUp und dem Anstieg von Autismus beschrieben.

Neil Young geht in "People Want To Hear About Love" darauf ein:
"Sage nicht, dass Pestizide autistische Kinder verursachen
Die Leute wollen etwas über Liebe hören"

Völlige Abhängigkeit von Monsanto


Monsanto LogoKritiker werfen Monsanto vor, Landwirte durch die Kombination von Pestiziden und patentierten Pflanzen, die genau gegen diese Mittel resistent sind, an den Konzern zu binden. Mit ihrem "Rundum Sorglos-Paket" schalte das Unternehmen geschickt Konkurrenzprodukte aus. Landwirte, so der Vorwurf, gerieten dadurch aber in völlige Abhängigkeit von Monsanto. Außerdem bestimme damit letztlich Monsanto, was auf den Feldern angebaut wird. Traditionelle alte Pflanzensorten verschwänden zunehmend, die Biodiversität werde so stark eingeschränkt, lautet die Kritik.

Das Unternehmen ist auch nicht gerade zimperlich, wenn es um die Durchsetzung der vertraglichen Vereinbarungen mit den Landwirten geht. Halten diese nämlich geerntete Pflanzen zurück, um deren Samen später erneut auszusäen oder die Pflanzen nachzuzüchten, schickt Monsanto seine Anwälte los. Der Agrarkonzern will, dass jedes Saatgut bei ihnen aufs neue gekauft wird. Eigene Saatgutvermehrung, jahrtausendealte Praxis in der Landwirtschaft, verstößt gegen Monsantos Patentrechte.

Neil Young im Song "Monsanto Years":
"Der Farmer weiß, dass er anbauen muss, was er verkaufen kann - Monsanto, Monsanto

So unterschreibt er einen Vertrag für GVO, der das Leben mit Monsanto zur Hölle macht - Monsanto 
Jedes Jahr kauft er das patentiertes Saatgut
Giftresistent, so wie es der Konzern braucht - Monsanto"
Berichten zufolge, kontrolliert das Unternehmen seine Kunden und deren Nachbarn penibel auf Einhaltung der Regeln und geht selbst gegen Landwirte vor, auf deren Felder die patentierten Pflanzen durch Verwehen der Samen wachsen.

Neil Young greift den konkreten Fall des Farmers Vernon Bowman aus dem US-Bundesstaat Indiana im Song "Workin' Man" auf:
"An einem Sommermorgen gleich bei Sonnenaufgang
Standen vier Männer mit Aktentaschen auf dem Rasen des Arbeiters
Wir werden Sie verklagen, zerren Sie vor Gericht
Wegen Patentverletzung, den Verbrechern, die Sie unterstützen 
Wir sind von Monsanto, uns gehört das Saatgut
Nennen Sie uns die Namen der Landwirte, die wir suchen
Du wirst viel Geld brauchen, um standhalten zu können
Oder wir werden dich begraben, wie klingt das? 
Der Arbeiter verlor all seine Freunde, auch sein Geschäft"

Einfluss auf Politik und Justiz


Richter Clarence Thomas
Richter Clarence Thomas
Monsanto wird nachgesagt, Öffentlichkeit und Politik durch massive Lobbyaktivitäten und Desinformation zu beeinflussen. Gegner des Konzerns berichten unter Berufung auf ehemalige Angestellte, dass GVO-kritische Wissenschaftler und Studien gezielt bekämpft und unglaubwürdig gemacht würden. Dazu habe Monsanto eine eigene Abteilung gegründet.

Zur Darstellung der Aktivitäten Monsantos zur Beeinflussung von Politik und Justiz greift Neil Young in den Songs das Vorgehen gegen den Bundesstaat Vermont und den Fall Clarence Thomas auf.

In Vermont, so Young, arbeite Monsanto zusammen mit Starbucks und anderen Mitgliedern eines Branchenverbandes daran, ein vom Parlament des kleinen Bundesstaates beschlossenes Gesetz zur Kennzeichnung von Gentechnik in Lebensmitteln vor Gericht wieder kippen zu wollen.

Den Fall Clarence Thomas zitiert Neil Young als Beispiel von Justizbeeinflussung. Thomas, Richter am Obersten Gerichtshof der USA - dem Supreme Court - hatte früher einmal für Monsanto gearbeitet. Kritiker werfen ihm daher vor, er hätte sich deshalb in den von ihm verhandelten Fällen über Gentechnik und Saatgutpatente für befangen erklären müssen.

Neil Young im Song "Workin' Man":
"Der Oberste Gerichtshof machte in einer Verhandlung ein neues Gesetzzu GVO-Saatgut und Patenten, es hatte einen fatalen FehlerDer Richter des Obersten Gerichtshofs Clarence Thomas arbeitete einst für Monsanto"


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