März 22, 2016

Vor 50 Jahren: Neil Young per Leichenwagen in die USA

"Neil Young", "1953 Pontiac", Hearse
1953er Pontiac Leichenwagen
Heute vor 50 Jahren, am 22. März 1966, verließ Neil Young seine kanadische Heimat und fuhr mit einen alten Leichenwagen und fünf Mitfahrern über 5.400 Kilometer quer durch die USA nach Los Angeles. Dort wollte er, nach zwei mehr oder weniger erfolglosen Jahren als professioneller Musiker in Kanada, sein Glück an der musikalisch boomenden amerikanischen Wetküste suchen.

Kurz zuvor hatte Neil Young als Rhythmusgitarrist mit den "Mynah Birds" aus Toronto als erste weiße Band beim Motown-Label in Detroit ein Album aufgenommenes. Nachdem ihr Sänger Ricky James Matthews (machte später als Rick James dennoch Karriere) als Fahnenflüchtiger der US-Marine verhaftet wurde, stoppte Motown die geplante Veröffentlichung. Neil Young und "Mynah Birds"-Bassist Bruce Palmer beschlossen frustiert, Toronto zu verlassen.

Die beiden verkauften den größten Teil des Equipments der "Mynah Birds", das ihnen gar nicht gehörte, und investierten das ergaunerte Geld in einen alten 1953er Pontiac Leichenwagen. Der war, wie Neil Young später in seinen Memoiren beschreib, längst nicht so groß und üppig ausgestattet wie sein 1948er Buick Roadmaster Leichenwagen, den er eineinhalb Jahre zuvor in Winnipeg gekauft hatte. Der Pontiac bot aber Platz genug, um noch vier Passagiere mitzunehmen, die Neil Young und Bruce Palmer auf der ursprünglich auf fünf Tage angesetzten Reise begleiten sollten. [Weiter: Chaostage in Albuquerque ...]

Drei Frauen an Bord


"Tannis Neiman", "Jeanine Hollingshead"
Tannis Neiman, Jeanine Hollingshead
1967 nach Rückkehr in Toronto
Zwei dieser vier Passagiere waren Jeanine Hollingshead und Tannis Neiman. Die beiden Frauen waren wie Neil Young Mitglieder der Folkszene in Torontos angesagten Bezirk Yorkville gewesen und arbeiteten im Coffeehouse "Cellar", einer Art Stammkneipe von Neil Young und Bruce Palmer. Tannis Neiman war selber Musikerin und trat bis zu ihrem Tod 1986 als Folksängerin auf.

Bei den beiden anderen Passagiere handelte es sich um Judy Mack und Mickey Gallagher. Die beiden waren "zahlende Gäste" und sollten helfen, die Spritkosten zu senken. Deswegen hatte Neil Young unmittelbar vor der Abfahrt die befreundete, aber mittellose Bev Davis weinend auf der Straße stehen lassen. Judy Mack, die dritte Frau an Bord, gehörte zur Clique um Neiman, Davis und Hollingshead. Während die anderen Mädchen ein Auge auf Neil Young geworfen hatten, lockte Judy Mack vor allem das Abenteuer in Kalifornien. Über Mickey Gallagher ist nicht viel mehr bekannt, als dass er genug Geld für die Reisekasse hatte.

Die Fahrt der sechs Kanadier sollte sollte erheblich länger dauern, als die ursprünglich geplanten fünf Tage - und ziemlich chaotisch verlaufen. Es fing schon damit an, dass Neil Young nicht den direkten Weg von Toronto aus über die Grenze bei Detroit nahm. Statt dessen fuhren er zunächst nach Norden und überquerte die Grenze bei Saul St. Marie. Den Grenzbeamten erklärte er, sie wollten nach  Winnipeg und wegen der besseren Straßen einen Umweg über die USA machen.

Neil Young strandet in Albuquerque


"Neil Young", Toronto, "Los Angeles", 1966
Route von 1966 (Klick zum Vergrößern)
Für den Weg nach Westen orientierte sich "Reiseleiter" Neil Young dann weitgehend am Verlauf der legendären Route 66. Young saß fast ununterbrochen am Steuer und hielt sich mit allerlei Pillen wach. Nachdem sein erster Leichenwagen, "Mort I" im Jahr zuvor wegen einer Getriebepanne für immer in Blind River, Ontario liegen blieb, ließ Neil Young aus Angst vor einer Panne kaum einen Mitfahrer ans Steuer. Und wenn es seine Müdigkeit doch einmal unvermeidlich machte, beschwerte er sich beim Ersatzfahrer permanent über angeblich falsch eingelegte Gänge. Die Nerven unter den sechs Passagieren lagen blank - erst Recht, als tatsächlich auch dieser Leichenwagen in Albuquerque, New Mexico mit einem Defekt liegen blieb.

Während der Wagen zur Reparatur in die Werkstatt kam, schickte man Neil Young wegen völliger Erschöpfung erstmal zum Arzt und dann für drei Tage zum Schlafen in ein Krankenhausbett. Während dessen verbrannte sich Tannis Neiman ihr Gesicht bei der Explosion des Gasherdes in ihrem Motelzimmer und musste ebenfalls ins Krankenhaus. Dort traf dann wenig später auch Jeanine Hollingshead ein, die an Nierenkoliken litt. Zu guter Letzt stellte Tannis Neiman auch noch fest, dass sie schwanger war.

Nach diesem grotesken Zwischenstopp in Albuquerque, der auch dem Drehbuch einer schlechten Seifenoper entstammen könnte, bleiben Tannis Neiman, Jeanine Hollingshead und Mickey Gallagher in New Mexico zurück. Neil Young, Bruce Palmer und Judy Mack setzten den Weg nach Los Angeles fort, wo die beiden Musiker wenige Tage später mit Stephen Stills und Richie Fury "Buffalo Springfield " gründeten. Der Rest ist dann Musikgeschichte.

Video mit falschem Leichenwagen


Neil Young hat diese wohl wichtigste Reise seiner Karriere 1996 im Song “Big Time“ auf seinem Album “Broken Arrow“ beschrieben:
“Gettin' in an old black car / Gonna take a ride so far / To the land of sun tan lotion  / Gonna take it state by state / Til I hit the golden gate / Get my feet wet in the ocean.“
In dem dazu gedrehten Video sieht man auch tatsächlich einen Leichenwagen über den Highway  in Richtung Kalifornien rollen. Allerdings nicht den 1953er Pontiac, sondern eine Kopie des 1948er Buick, mit dem Neil Young nie über Kanada hinaus gekommen war.


Neil Young & CH - Big Time von ivaxavi



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