Mai 09, 2014

The Landlord Disaster - Neil Youngs Film-Flop von 1969

Das Jahr 1969 war für Neil Young so etwas wie der Urknall seiner Karriere: Nach dem Ende von "Buffalo Springfield" erschien im Januar 1969 ( in der "second version') sein erstes Solo-Album. Schon im Mai des gleichen  Jahres folgte mit "Everybody Knows This Is Nowhere" Album Nummer zwei. Das hatte er mit "Crazy Horse" aufgenommen, mit denen er in jenem Jahr auch erstmals auf Tour ging. Fast zeitgleich schloss er sich auch "Crosby, Stills, Nash & Young" an, mit denen er 1969 ebenfalls erstmals auf Tournee ging. Die Aufnahmen für deren erstes Album "Deja Vu" fanden auch im Jahr 1969 statt. Solo, "Crazy Horse", CSN&Y - 1969 war der Startpunkt jenes musikalischen Universums, in dem sich Neil Young noch bis heute bewegt.

1969 war aber auch der Beginn von Neil Youngs zweiter großen Leidenschaft neben der Musik: der Film. Privat legte er sich damals eine Beaulieu Super 8-Kamera zu, mit der er ständig herumspielte und filmte. 1969 klopfte aber auch schon das große Kino an Neil Youngs Tür: Damals wurde Rockmusik von vielen Regisseuren als Soundtrack für den Film entdeckt. Auslöser war der stilbildende Film "Easy Rider" mit der Musik von "Steppenwolf" und anderen Bands, der 1969 zum Kassenschlager wurde. In der Folge begannen die großen Studios, auch Autoren-Filme und experimentelle Projekte zu finanzieren. Dummerweise wurde aber gleich das erste Filmprojekt Neil Youngs 1969 ein Fehlschlag. [Weiter mit Neil Young und "The Landlord" ...]


The Landlord

Damals gab Hal Ashby, der später unter anderem mit "Harald & Maude", "Shampoo" und "Being There" Erfolg hatte, sein Debüt als Regisseur. Der frühere Film-Cutter verfilmte "The Landlord", einen Roman von Kristin Hunter. Die Handlung des als Komödie konzipierten Films dreht sich um einen jungen Weißen, der ein Mietshaus in Brooklyn, New York City erbt. Dessen überwiegend afroamerikanische Mieter will der frischgebackene Hausbesitzer (englisch: Landlord) vertreiben, um das Haus selber zu  nutzen. Ein Vorgang, der heute unter dem Schlagwort Gentrifizierung bekannt ist. Dabei verliebt sich der Hausbesitzer in eine Hausbewohnerin und gibt seine Pläne schließlich auf.

Regisseur Hal Ashby war großer Rockmusik-Fan und Musik spielte schon bei seiner Arbeit als Cutter eine wichtige Rolle. Für den Soundtrack seines Regiedebüts "The Landlord" hatte er ursprünglich vor, die amerikanische Soul-Funk-Band "Sly & the Family Stone" zu verpflichten. Erste Rohschnitte des Films hatte er bereits zur Musik von Alben der Band erstellt. Das multi-ethnische Konzept der Band, in der Musiker mit verschiedener Hautfarbe und Kultur sowie unterschiedlichem Geschlecht spielten, passte perfekt zum Thema des Films. Die Zusammenarbeit scheiterte aber am "Nein" der Plattenfirma Columbia.

Hal Hashbys nächste Wahl fiel ausgerechnet auf Neil Young. Auch wenn der auf den ersten Blick nicht zum multi-kulti-Ansatz des Films passte. Laut Nick Dawson in der Biographie "Being Hal Ashby: Life of a Hollywood Rebel" hatten Hal Ashby und seine Frau Joan im Herbst 1969 ein Concert von CSN&Y besucht und sich für Neil Young entschieden.

Beeing Hal Ashby
Ashby Biographie
Ashby-Biograph Nick Dawson berichtet, dass Neil Young und Hal Ashby sechs Wochen an der Songauswahl für den Soundtrack arbeiteten und dass es Songs mit "Neil Young & Crazy Horse" sein sollten. "Cinnamon Girl" wurde von den beiden als Titeltrack des Films ausgewählt. Auch das "Rolling Stone Magazine" berichtete in einer Reportage über CSN&Y im Dezember 1969 über die geplante Zusammenarbeit zwischen Ashby und Young.

Hal Ashby schnitt dann den Film zu bereits fertigen Songs von Neil Young und wartete auf weiteres Material, das der Musiker eigens für "The Landlord" schreiben wollte. Dazu kam es dann aber nicht. Die Filmfirma United Artists, die Ashbys Film herausbringen sollte, wollte 50% der Verwertungsrechte an der Musik. Neil Young besaß selber aber nur 25% der Rechte an seinen Werken, 75% hielt seine Plattenfirma, die aber nur 12,5% abgeben wollte.

Nick Dawson hat in seinem Buch einen Brief von Hal Ashby abgedruckt, der an seinen Produzenten Norman Jewison gerichtet war. Darin beklagte sich der Regisseur über das Geschachere um die Musikrechte, das seine künstlerische Arbeit gefährden würde. Er würde, wenn er denn Neil Youngs Telefonnummer hätte, diesen sofort anrufen und bitten, alles zu geben, um das gemeinsame Projekt noch zu retten. "Wir haben alle zu hart daran gearbeitet, um es auf diese verdammte Weise enden zu lassen", schrieb Ashby. Als zwischen Youngs Plattenfirma und United Artist am Ende keine Verständigung zustande kam, war das Projekt gescheitert. Hal Ashby heuerte schließlich den damals weitgehend unbekannten Al Kooper an, dessen Songs dann den Soundtrack von "The Landlord" bildeten.

14 Jahre später kam es dann doch noch zu einer Zusammenarbeit zwischen Neil Young und Hal Ashby. Die beiden drehten mit "Solo Trans" einen Konzertfilm von der "Shocking Pinks Tour" von 1983. Dessen Erfolg sich nicht nur wegen der mäßigen Qualität des mit der Tour beworbenen Geffen-Albums "Everbody's Rockin'" in Grenzen hielt. Auch die Veröffentlichung des Films auf dem gefloppten Medium Laserdisc hat "Solo Trans" lediglich zu einer Randnotiz in den Werken von Hal Ashby und Neil Young werden lassen.


After The Gold Rush

After The Gold Rush
Album statt Film
Für Neil Young war das wenig bekannte Fiasko von "The Landlord" aber nur der Auftakt zu weiteren Aktivitäten im Filmgeschäft. Unmittelbar nach Scheitern der Zusammenarbeit mit Hal Ashby stürzte sich Neil Young in das nächste - heute viel bekanntere - Filmprojekt: Der Schauspieler Dean Stockwell und Herb Berman, ein Hippie-Poet aus der Topanga Canyon-Szene, hatten für Dennis Hopper ein Drehbuch geschrieben.

Hopper hatte Geld von Universal Pictures becommen, die nach neuen Filmstoffen suchte. Der obskure Plot von Stockwells und Bermans Drehbuch gipfelte in einer Überflutung des Topanga Canyon. Der Film sollte den Titel "After The Gold Rush" tragen. Neil Young wollte unbedingt den Soundtrack zu diesem Streifen beisteuern und nahm mehrere Songs in seinem Kellerstudio im Topanga Canyon auf. Als Universal Pictures das Interesse an der wirren Geschichte verlor, war auch aus dieses Filmprojekt gescheitert. Neil Young brachte die Songs dann einfach als sein drittes Album heraus. Das nannte er wie den geplanten Film "After The Gold Rush"  und hatte damit weit mehr Erfolg, als das wirre Drehbuch vermutlich je gehabt hätte.


The Strawberry Statement

The Strawberry Statement
The Strawberry Statement
Nur einer der 1969 projektierten Filme mit Musik von Neil Young kam an Ende wirklich in die Kinos: Der von Stuart Hagmann inszenierte Streifen "The Strawberry Statement" (Deutscher Titel: "Blutige Erdbeeren"). Der Film basierte lose auf einem Buch von James Simon Kunen über die Studentenproteste an der Columbia University von New York im Jahr 1968. Für den Soundtrack griff Hagmann neben John Lennons "Give Peace A Chance" auch auf Songs von Neil Young und CSN&Y zurück. Neil Young steuerte "Down By The River", "The Loner" und "Helpless" bei. CSN&Y waren außerdem mit "Judy Blue Eyes" und "Our House" vertreten. Außerdem war Buffy Sainte-Marie mit "The Circle Game" dabei, einem Song von Joni Mitchell, den sie 1965 als Antwort auf Neil Youngs "Sugar Mountain" geschrieben hatte. 

"The Strawberry Statement" kam im Sommer des folgenden Jahres in die Kinos und erwies sich als fulminanter Kassenflop. Treppenwitz der Geschichte: Kurz nach dem Filmstart verschärften sich die Studentenproteste und führten im Mai 1970 mit den tödlichen Schüssen der Nationalgarde auf vier Studenten an der Kent State University in Ohio zu einem traurigen Höhepunkt. Neil Young schrieb den Song "Ohio" über die Ereignisse, der zu einem seiner größten Klassiker wurde. Wieder war der musikalische Erfolg größer als der cineastische. 

Das Jahr 1969 war für Neil Young also nicht nur der Start in eine Solo-Karriere und brachte den Einstieg in zwei Bands, die Musikgeschichte schreiben sollte. 1969 öffnete ihm auch die Tür in gleich drei Filmprojekte - auch wenn sich alle drei auf unterschiedliche Weise als Flop erwiesen. 


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