Januar 12, 2014

Kanada ist überall: Neil Young und die deutsche Braunkohle

Heute startet Neil Young in Toronto seine "Honour the Treaties"-Tour mit vier Solo-Konzerten in Kanada. Das Vorprogramm bestreitet die kanadische Jazzmusikerin Diana Krall. Mit den Erlösen der Konzertserie soll Geld für den "Athabasca Chipewyan First Nation Legal Defense Fund" gesammelt werden. Die Indianer der Athabasca Chipewyan wehren sich gegen Ölkonzerne, die auf ihrem angestammten Land Ölsand im Tagebau abbauen und dabei erhebliche Umweltprobleme verursachen.

Neil Young hatte im April und September während seiner PR-Fahrten mit dem Hybridfahrzeug LincVolt auf diese Umweltproblematik hingewiesen. Während einer Pressekonferenz in Washington legte sich der Musiker deswegen mit der mächtigen Öl-Lobby und der Politik an. Beide sehen in den Öl- und Gasvorkommen in Nordamerika die Chance, sich aus der Abhängigkeit vom arabischen Öl zu befreien und selber zum Exporteur fossiler Energieträger zu werden. [Weiter ...]

Landschaftszerstörung auch in Deutschland


http://www.gegenstromberlin.net/
Braunkohletagebau in Deutschland
Foto: Dirk Seifert
Neil Young dagegen, sieht nicht nur in der Ausbeutung der technisch aufwändig oder unter erheblichem Landschaftsverbrauch erschließbaren Vorkommen in Nordamerika ein großes Problem. Er fordert vielmehr eine generelle Abkehr von fossilen Energieträgern wie Öl, Kohl und Gas, die wegen der CO2-Freisetzung bei Transport und Verbrauch zur globalen Erwärmung beitragen.

Deutsche Fans, die Neil Youngs Initiativen - zu Recht - nahe stehen und sie unterstützen, sollten ihren Blick aber nicht nur nach Kanada richten. Die Tagebauproblematik mit erheblichen Umweltzerstörungen ist auch in Deutschland seit Jahren Gegenstand erheblicher Kontroversen. Die riesigen Krater und zerstörten Mondlandschaften in den deutschen Braunkohlerevieren stehen dem Ölsandtagebau in Kanada in Ausdehnung und Umweltauswirkung kaum nach. Auch wenn hierzulande kein Bitumen oder Öl in Seen und Flüsse sickert. Außerdem: Die energiepolitischen Argumente, die in Kanada gegen den Ölsandabbau sprechen, gelten für den deutschen Braunkohleabbau erst Recht. In Sachen Effizienz und CO2-Ausstoß dürfte die deutsche Braunkohleverstromung sogar noch hinter die Ölsand-Ausbeutung zurückfallen.

Pikant: Mit der kommenden Alchemy-Tour 2014 wird Neil Young in Mönchengladbach und Dresden an zwei deutschen Auftrittsorten spielen, die ähnlich dicht an riesigen Tagebaureviren liegen, wie die von ihm mit Hiroshima verglichene kanadische Stadt Fort McMurray.


Neil Young tritt ganz in der Nähe auf


Tagebau um Mönchengladbach
Tagebau um Mönchengladbach
So sind es zum Beispiel vom Hockeypark in Mönchengladbach aus, wo Neil Young & Crazy Horse am 26. Juli auftreten, noch nicht einmal 10 Kilometer bis zum Rand des Braunkohletagebau Garzweiler I. Diese riesige Grube soll mit der Garzweiler II genannten Erweiterung sogar noch einmal erheblich ausgeweitet werden. Ganze Dörfer verschwinden dafür von der Landkarte, Bewohner werden enteignet und umgesiedelt. Das vom Energiekonzern RWE betriebene rheinische Braunkohlerevier umfasst mit Inden I und II sowie Hambach weitere Tagebaue. Dazu kommen ehemalige Abbaugebiete wie die Ville östlich von Köln.

Tagebau um Dresden
Tagebau um Dresden
Die Stadt Dresden, dort treten Neil Young & Crazy Horse am 27. Juli am Dresdner Elbufer auf, ist sogar von gleich vier riesigen Tagebaurevieren umgeben. Neben dem Braunkohlerevier der MIBRAG zwischen Dresden und Leipzig liegt nördlich der Stadt das noch viel größere Lausitzer Braunkohletagebaurevier mit mehreren riesigen Tagebaulöchern.

Viele früher dort genutzte Tagebaue liegen brach oder werden gerade geflutet. Aktuell wird Braunkohle im Tagebau in Jänschwalde, Cottbus, Walzow, Nochten und Reichwalde betrieben. Der schwedische Konzern VATTENFALL plant darüber hinaus, fünf weitere Gruben aufzureissen. Neben diesen beiden deutschen Revieren gibt es in unmittelbarer Nähe von Dresden auch noch Tagebaureviere in Tschechien und Polen.


Braunkohle ist größter Klimaschädiger


Kritiker der fossilen Energieerzeugung und Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace weisen seit Jahren auf die erheblichen Umweltauswirkungen der Braunkohleförderung und -verstromung hin. Deutschland hat mit etwa 185 Millionen Tonnen jährlich weltweit die größte Förderung und den größten Verbrauch von Braunkohle. Dabei ist die Braunkohle der klimaschädlichste Energieträger, weil die zur Verstromung notwendigen Braunkohlekraftwerke erhebliche Mengen an CO2 und anderen Schadstoffen in die Luft pusten.

Foto: Greenpeace
Braunkohlekraftwerk Jänschwalde
In Deutschland stammen etwa 20 Prozent aller CO2-Emissionen aus Braunkohlekraftwerken. Hinzu kommt der erhebliche Landschaftsverbrauch durch das Tagebauverfahren, bei dem sich riesige Bagger auf vielen Quadratkilometern in die Landschaft fressen und gigantische Krater hinterlassen. Dazu kommen erhebliche Umweltgefahren durch Grundwasserbeeinträchtigungen und die Zerstörung intakter Ökosysteme.

Im Juli hat Neil Young in Deutschland also Gelegenheit, sich innerhalb von nur zwei Tagen bei seinen Auftritten in Mönchengladbach und Dresden ein Bild davon zu machen, dass Klima- und Umweltschädliche Energiepolitik ein globales, nicht allein auf Nordamerika beschränktes Thema ist.


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